Nachdem ein Kollege in einer über E-Mail-Verteiler weit verbreiten Nachricht die Auffassung vertreten hat, durch den Tarifabschluss der Gewerkschaften mit dem Bundesinnenminister und den kommunalen Arbeitgebern drohten den Richtern und Staatsanwälten im aktiven Erwerbsleben Einbußen von mehreren hunderttausend Euro - ein dauerhafter Verlust der Kaufkraft von 25 % und Einbußen in den Gehältern ( und der Versorgung) von 18 % - möchte ich als zuständiges Präsidiumsmitglied des Deutschen Richterbundes dazu wie folgt Stellung nehmen:
Die von dem Kollegen aufgezeigte Problematik ist sicherlich nicht zu leugnen. Dies betrifft zumindest die Überlegung im Eckpunktepapier für neue Wege im öffentlichen Dienst, die bisherigen Steigerungsstufen in der Beamtenbesoldung zu verändern und statt der bisherigen sieben bis zehn Stufen nur noch drei Stufen zu schaffen. Denn in der Begründung wird dabei auch schon verdeutlicht, dass die erste Stufe höher als die bisherige Eingangsstufe liegen wird, die Endstufe (ohne die Leistungskomponenten) unter der bisherigen Endstufe. Dieses Modell findet sich in der Grundstruktur im Bereich des Tarifrechts wieder. Dort sind die Grundgehälter erhöht und die Endstufen, jedenfalls im oberen Bereich der Gehaltsgruppen, niedriger. Es werden aber, wie sich aus der Tabelle für die neuen Angestelltentarife ergibt, verschiedene Gehaltsgruppen zusammen gelegt, so dass es bei Einsparungen etwa für den BAT-Tarif 1a und 1b (alt) zu völlig anderen Ergebnissen als zu BAT 1 kommt. Allein deshalb kann nicht einfach die jetzige höchste Gehaltsstufe im Tarifrecht mit der bisherigen Höchststufe verglichen werden.
Die Situation im Beamtenbereich ist eine andere als im Tarifbereich: Das Eckpunktepapier (s. o.) geht für die neue Leistungsbezahlung von 15 Besoldungsebenen aus, den Leitungsbereich ausgenommen. Tatsächlich sind in der A-Besoldung genau 15 Ebenen vorhanden (nämlich von A 2 bis A 16). Von einer Reduzierung dieser Ebenen ist also keine Rede. Weiterhin ist in dem sowohl von den Gewerkschaften als auch vom BMI unterzeichneten Eckpunktepapier davon die Rede, dass die Endstufe in der neuen Basisgehaltstabelle 96 % des heutigen Endgrundgehalts entsprechen soll, wozu dann die Leistungsstufen mit zunächst geplanten maximal 8 % hinzutreten. Dies bedeutet, dass bei einer Umsetzung die für die Versorgung entscheidende letzte Stufe zunächst 4 % unter der bisherigen Endstufe liegen wird. Für die Frage einer Absenkung der Versorgung ist es also von entscheidender Bedeutung, ob die Leistungskomponente der Bezahlung noch Bestandteil der Versorgung sein wird. Hinzu kommt als mögliche Verschlechterung das Abschmelzen bzw. der Verzicht auf den Verheiratetenzuschlag. Dieser beträgt zur Zeit 105,28 EURO, liegt also im Vergleich zu den Endbesoldungsstufen im Richterbereich (R 1 mit 5.043,02 EURO und R 2 mit 5.503,83 EURO) bei 2 % (und weniger) der Gesamtbesoldung. Damit droht realistisch gesehen ein "Einsparpotenzial" in der Endstufe von bis zu 6 % der bisherigen Besoldung und dementsprechend in der Versorgung, die anders als das Rentenrecht ja auf die Endstufe der Besoldung abstellt. Eine Verringerung von 18 % ist demnach nach den Vereinbarungen zwischen dbb, verdi und BMI ausgeschlossen.
Im übrigen sind die Auswirkungen im Tarifbereich dadurch abgefedert, dass die bisherigen Grundvergütungen plus Ortszuschlag und allgemeine Zulage jedenfalls weiter bezahlt werden. Es kommt also allenfalls zu einer Absenkung im Hinblick auf den Verheiratetenzuschlag. Da sich zudem die Rentenanwartschaften aus den jeweils bezahlten Rentenbeiträgen errechnen, kommt es selbst bei einer deutlichen Absenkung der Endbezahlung nicht zu einer ebenso erheblichen Verringerung der Rente.
Eine Bestandssicherung der Einkünfte ist auch bereits im Eckpunktepapier für den Beamtenbereich vorgesehen: Dort ist ausdrücklich eine Absicherung des Bezügeniveaus (von 2006 als Grundlage) auf Dauer festgehalten. Das Volumen möglicher geringerer Einkünfte läst sich damit nur schwer abschätzen und hängt wesentlich davon ab, wie alt die Betroffenen sind, wie die allgemeinen Besoldungssteigerungen ausfallen und ob die Betroffenen verheiratet sind oder nicht. Um es zu verdeutlichen: Entfällt der Verheiratetenzuschlag, sind dies bei einem/ einer 50 -Jährigen brutto bei 15 weiteren Dienstjahren a 1.260 EURO (nämlich zwölf Monate in Höhe von rund 105 EURO) rund 18.900 EURO. Diese Verringerung tritt für den Ledigen nicht ein. Im Gegenzug stehen im Beamtenbereich dazu aber die Leistungszulagen mit bis zu 8 % des Grundgehalts.
Offensichtlich scheint mir zu sein, dass Einkommensverringerungen um 25 % oder auch Verluste von mehreren Hunderttausend EURO realistischen Überlegungen nicht entsprechen.
Allerdings verkennen alle diese Überlegungen zwei wesentliche Besonderheiten der Richterbesoldung, für die sich der Verband eingesetzt hat und auch dauerhaft einsetzen wird:
Die R-Besoldung hat ihre eigenen Struktur hinsichtlich der Steigerungsstufen, die vor allem darauf zurückzuführen ist, dass die Richter eben nicht wie Beamte in ihrer Laufbahn regelmäßig befördert werden. Die R-Besoldung kennt nicht die im Beamtenrecht bereits eingeführten Leistungsprämien und wehrt sich auch entschieden gegen Leistungszulagen. Dies kann nur bedeuten, dass die Richterbesoldung frei von dem Element der Leistungszulagen und losgekoppelt von der Beamtenbesoldung zu errechnen sein muss.
Deshalb ist es meiner Meinung auch falsch, von dem Ansatz auszugehen, die tarifrechtlichen Vereinbarungen ohne weiteres auf den Richterbereich zu übertragen.
Wichtig ist es deshalb, die Selbständigkeit der R-Besoldung zu betonen und dies auch nach außen hin deutlich zu machen! Dann halte ich es für realistisch, im Gesamtniveau Einsparungen bei der Besoldung weitgehend zu vermeiden, vielleicht sogar völlig zu verhindern.
Wir müssen also weiter gegenüber der Politik deutlich machen: Die R-Besoldung entspricht nicht der normalen Beamtenbesoldung. Ein Besoldungssystem mit Leistungszulagen bedroht die richterliche Unabhängigkeit und ist abzulehnen!
Teetzmann 1.03.2005
DirAG Teetzmann ist Mitglied des Präsidiums des Bundesverbandes des DRB
|